Spezialedition 06/25
News.
In dieser Sonderausgabe berichten wir über unsere neue Geschäftsführung und haben diese direkt zum Interview gebeten. Hier bekommt ihr interessante Einblicke, wie die zukünftige Ausrichtung des Unternehmens GRASS ausschauen wird, welche Themen im Fokus stehen und wer die Menschen dahinter sind. Außerdem gibt der Designer Stefan Ambrozus Einblicke in seine Gedanken zu aktuellen Trends in der Welt der Bewegungs-Systeme und spricht dabei auch über die Zusammenarbeit mit GRASS. Des Weiteren beleuchten wir unsere Partnerschaft mit dem kanadischen Küchenhersteller Miralis.

Entscheidungen auf Augenhöhe
Die neue Geschäftsführung im Gespräch.
Nach einer Übergangsphase übernimmt das neu formierte Führungsteam die operative Verantwortung und stellt damit die Weichen für eine erfolgreiche und nachhaltige Zukunft. Die neue Geschäftsführung besteht aus vier Mitgliedern. Ercan Bal, bisheriger Geschäftsführer von AT-GRASS, bleibt weiterhin für die Bereiche Vertrieb und Marketing verantwortlich. Werner Elender, ehemaliger COO der GRASS-Gruppe, kehrte im Januar 2025 in das Unternehmen zurück und übernimmt die Verantwortung für die technischen Bereiche.
Neu in der GRASS-Gruppe ist Richard Anrig, der seit Januar als Mitglied der Expertengruppe tätig war und die kaufmännischen Bereiche übernimmt. Er bringt umfangreiche Erfahrung als Geschäftsführer eines Produktionsunternehmens der Würth-Gruppe mit. Komplettiert wird das Führungsteam durch Thomas Stellberger, der als Geschäftsführer GRASS Deutschland die Produktionsstandorte in Deutschland und Tschechien verantwortet. Thomas Stellberger ist seit 2010 Teil der GRASS-Gruppe, leitete bis August 2024 den Produktionsstandort Salzburg und unterstützte zuletzt als Executive Operations Coordinator die Werke in Österreich und Deutschland.

Anfang Mai hat die neue Geschäftsführung von GRASS offiziell ihre Arbeit aufgenommen. Im Gespräch mit Martin Schaefer von GOOS COMMUNICATION erläutern Ercan Bal und Werner Elender, zwei Mitglieder des neuen Führungsquartetts, die Vorteile gemeinsamer Verantwortung, ihre Vorstellung von „evolutionärer Innovation“ – und was Kundennähe heute wirklich bedeutet.
Vier Geschäftsführer – funktioniert das wirklich? Was war der Hintergrund für diese Neuausrichtung?
Ercan Bal: Die im Mai 2025 neu formierte Geschäftsführung ist deutlich breiter aufgestellt und besteht aus erfahrenen Persönlichkeiten, die teilweise aus der Branche kommen, aber auch aus dem Unternehmen selbst. Das garantiert im operativen Bereich Stabilität und Fachkenntnisse, die uns für die Zukunft helfen, uns schnellstmöglich neu aufzustellen und den Kundenerwartungen gerecht zu werden. Bei einem Unternehmen dieser Größe macht es Sinn, die Führung so aufzustellen, dass jeder Geschäftsführer mit seiner Expertise einen Fachbereich verantwortet. Damit vermeiden wir den Flaschenhals in der Unternehmensführung und werden durch die Arbeitsteilung deutlich schneller.
Werner Elender: Genau. Wir arbeiten ja schon seit Anfang des Jahres in dieser Konstellation zusammen und haben gesehen, dass wir Vier unterschiedliche Perspektiven haben, aber ein gemeinsames Ziel. Entscheidungen werden jetzt auf Augenhöhe gefällt. Man sagt ja immer: Die Luft wird oben dünner. Bei uns ist der Vorteil: Wir haben Sparringspartner. Es mag sein, dass der alleinige Geschäftsführer schneller zu einer Entscheidung kommt, aber ob diese dann besser ist, wage ich zu bezweifeln.
„Die Zukunft von GRASS sehen wir in einer noch stärkeren Kundennähe.“
Ercan Bal
Geschäftsführer Vertrieb und Marketing
GRASS Gruppe

Sie haben ein „gemeinsames Ziel“ der neuen Geschäftsführung erwähnt. Welches ist das?
Ercan Bal: Die Zukunft von GRASS sehen wir in einer noch stärkeren Kundennähe und Marktorientierung. Effizienz steht dabei im Mittelpunkt – aber nicht nur intern, sondern auch aus Sicht unserer Kunden. Denn was bei uns effizient ist, muss nicht automatisch beim Kunden effizient sein. Deshalb wollen wir unsere Lösungen im engen Austausch mit unseren Partnern entwickeln und dabei ein gemeinsames Verständnis von Wertschöpfung und Effektivität etablieren. Zudem geht es darum, unterschiedliche Kundenbedürfnisse möglichst frühzeitig zu erkennen und daraus standardisierte, aber dennoch flexible Produktlösungen zu entwickeln. Das erfordert ein hohes Maß an Abstimmung und Prozessverständnis – und genau das verstehen wir unter echter Kundennähe. Dabei ist uns wichtig, dass unsere Produkte nicht nur funktional überzeugen, sondern auch durch ein differenzierendes Design und klaren Nutzen beeindrucken. GRASS bleibt ein innovationsstarkes, designorientiertes Unternehmen, das sich bewusst durch Qualität, Ästhetik und nachhaltige Lösungen vom Wettbewerb abhebt. Unser Ziel ist es, durch intelligente Gestaltung und kontinuierliche Weiterentwicklung neue Maßstäbe zu setzen – sowohl in der Verarbeitung als auch im emotionalen Erlebnis für den Endkunden.
Werner Elender: Innovation bedeutet für uns nicht Disruption um jeden Preis. Wir setzen auf Evolution statt Revolution – auf die Weiterentwicklung bewährter Lösungen. Ziel ist es, Produkte so zu gestalten, dass sie sich reibungslos in bestehende Prozesse beim Kunden integrieren lassen. So schaffen wir echten Mehrwert, ohne aufwendige Umstellungen zu provozieren. Die große Schnittmenge zwischen GRASS und seinen Kunden liegt in den Werten: Qualität, Effizienz und Nachhaltigkeit. Diese Werte wollen wir gemeinsam weiterentwickeln – nicht durch radikale Brüche, sondern durch sinnvolle Optimierungen, die für beide Seiten Vorteile bringen, die wir in enger Zusammenarbeit mit unseren Kunden entwickeln und die ihnen die entscheidenden Wettbewerbsvorteile bringen. Die Botschaft ist: Mit GRASS erhalten Kunden exzellentes Handwerk und Produkte, die langlebig und nachhaltig sind und sich zudem für die Entwicklung individueller Wohnlösungen eignen. Dabei spielt natürlich auch das Design eine große Rolle: Beim Einrichten, ob in der Küche oder im Möbelbereich allgemein, geht es den Menschen darum, sich ein schönes Zuhause zu schaffen. Design spielt dabei eine zentrale Rolle, weil es Emotionen weckt. Bei sichtbaren Elementen macht die gestalterische Qualität den Unterschied beim Kauf. Und auch die inneren Werte sind immer stärker emotional aufgeladen. Das macht gutes Design und entsprechendes Marketing unserer Meinung nach unverzichtbar.



Welche Rolle spielen dabei die internationalen Märkte, speziell in Europa, für GRASS?
Ercan Bal: GRASS ist derzeit stark in Zentraleuropa und den USA verankert – das sind unsere Hauptmärkte. Unser Fokus auf etablierte Märkte hat sich gerade jetzt, wo vielerorts wieder protektionistische Maßnahmen ergriffen werden, als vorteilhaft erwiesen. In den USA haben wir unsere Präsenz gezielt ausgebaut – mit einem eigenen Produktionsstandort und einer zunehmenden Ausrichtung auf regionale Marktbedürfnisse. Diese Strategie ermöglicht es uns, Kundenbedürfnisse vor Ort schneller zu erfassen und passgenau zu bedienen. Dabei setzen wir auf differenzierendes Design, hohe Qualität und lösungsorientierte Entwicklungen, die sich gezielt vom Wettbewerb abheben. Parallel dazu treiben wir unsere Internationalisierung weiter voran – mit lokalen Partnern, Distributoren und marktspezifischen Produkt- und Servicekonzepten.
Werner Elender: Trotzdem bleibt Europa unser wichtigster Markt. Und gerade in unserer Kernregion brauchen wir neue Impulse – insbesondere im Wohnungsbau. Die Nachfrage nach Wohnraum ist grundsätzlich vorhanden, aber die Rahmenbedingungen sind derzeit schwierig: hohe Zinsen, politische Unsicherheiten und verzögerte Regierungsbildungen – etwa in Deutschland oder Österreich – bremsen Investitionen. Aber wir sind überzeugt: Nach der Krise wird es eine Phase der Erholung geben – und darauf sind wir gut vorbereitet. GRASS wird dann als solides, zukunftsfähiges Unternehmen bereitstehen – für unsere Kunden, Partner und die gesamte Branche.
GRASS ist in Küche und Bad stark. Sollen hier analog zur Internationalisierung auch neue Märkte erschlossen werden?
Ercan Bal: Küche und Bad sind historisch unsere Kernkompetenzen, und das wird auch so bleiben. Aber wir sehen auch Potenziale in anderen Bereichen. Die Trends in der Möbelbranche, wie zum Beispiel die zunehmende Urbanisierung und die damit verbundenen kleineren Wohnräume, erfordern intelligente und platzsparende Lösungen. Wir denken hier an Anwendungen im Wohnbereich, im Büro oder auch in speziellen Nischenmärkten. Es geht darum, unsere Beschlagskompetenz auf neue Bereiche zu übertragen und neue Märkte zu erschließen, in denen unsere Produkte einen Mehrwert bieten können. Wir bleiben unseren Wurzeln treu, aber wir erweitern auch unseren Horizont.
„GRASS ist ein Unternehmen mit einer starken Vision und dem Willen, immer besser zu werden.“
Werner Elender
Technischer Geschäftsführer
GRASS Gruppe

Wie begegnet denn GRASS den aktuellen Marktveränderungen? Stichwort: Stabilität in Krisenzeiten.
Werner Elender: Wir sind in der glücklichen Lage, ein Familienunternehmen im Verbund der Würth-Gruppe zu sein. Das gibt uns eine enorme Stabilität und langfristige Perspektive, die uns jetzt sehr zugutekommt. Wir können uns langfristig auf unsere strategischen Ziele konzentrieren, ohne ständig auf kurzfristige Schwankungen reagieren zu müssen. Diese Stabilität gibt uns auch die Möglichkeit, weiterhin in Forschung und Entwicklung zu investieren, um innovative Produkte auf den Markt zu bringen, die den sich ändernden Kundenbedürfnissen entsprechen.
Apropos Produkte: Warum kein Auftritt auf der interzum 2025 – ist das ein Rückzug?
Ercan Bal: Die Teilnahme an Messen wird bei GRASS im Sinne einer gezielten Kundenansprache laufend neu bewertet. Bereits 2023 haben wir sehr positives Feedback auf unsere individuelle Kundenbetreuung im GRASS Experience Center in Hohenems erhalten. Der direkte Austausch auf Augenhöhe, maßgeschneiderte Präsentationen und konzentrierte Gespräche in ruhiger Atmosphäre ermöglichen dort eine Tiefe, die auf Großveranstaltungen nur schwer zu erreichen ist. Das bedeutet jedoch keineswegs eine generelle Abkehr von Messen – im Gegenteil: Fachmessen wie die SICAM oder ausgewählte regionale Branchenevents bleiben für uns wichtige Plattformen, insbesondere wenn es um den Dialog mit Produktspezialisten, Entscheidern und Projektpartnern geht. Die interzum schätzen wir als internationales Schaufenster der Branche und prüfen je nach Ausrichtung und strategischem Fokus unsere Teilnahme. Für 2025 liegt unser Schwerpunkt auf Formaten, die besonders stark auf individuelle Kundenbedürfnisse und persönlichen Austausch ausgerichtet sind.
„Wir setzen auf Evolution statt Revolution.“
Werner Elender
Technischer Geschäftsführer
GRASS Gruppe
Noch ein paar persönliche Fragen zum Schluss:
Herr Elender, Sie waren schon einmal bei GRASS, dann haben Sie eine Pause eingelegt. Warum sind Sie zurückgekehrt?
Werner Elender: Das ist eine gute Frage! Ich bin aus Überzeugung und mit großer Leidenschaft für die Produkte zurückgekehrt. Ich habe schon in meiner früheren Zeit bei GRASS gesehen, welch enormes Potenzial in den Produkten steckt. Die Innovationskraft, die Qualität und die Wertigkeit der Produkte – das ist etwas, das mich wirklich fasziniert. Es ist die Möglichkeit, etwas zu bewegen und weiterzuentwickeln. Ich habe in der Zwischenzeit auch andere Unternehmen kennengelernt, aber GRASS hat etwas Besonderes, das mich immer wieder angezogen hat. Nämlich die Kombination aus Innovation, hoher Produktqualität und dem Fokus auf langfristige Beziehungen – sowohl zu Kunden als auch zu Mitarbeitern. Es ist die Leidenschaft, mit der hier gearbeitet wird, und der Anspruch, immer die besten Lösungen anzubieten. Es gibt eine hohe Identifikation mit dem Unternehmen, und das spürt man in allen Bereichen. GRASS ist ein Unternehmen mit einer starken Vision und dem Willen, immer besser zu werden.
Sie waren früher stark im elektronischen Bereich tätig – nun bei GRASS sind Sie eher mechanisch unterwegs. Was reizt Sie daran?
Werner Elender: Ehrlich gesagt: Ich hatte erwartet, dass Mechanik einfacher ist – aber das Gegenteil war der Fall. Die Präzision, die bei einem Scharnier oder einer Schubladenführung nötig ist, hat mich wirklich überrascht. Die Toleranzen sind extrem eng, die Anforderungen hoch – manchmal erschien mir die Elektronik im Vergleich sogar weniger komplex. Für mich war der Wechsel auch ein bewusster Schritt raus aus eingespielten Mustern. Ich wollte etwas Neues lernen, mich weiterentwickeln. Gleichzeitig kann ich mein Know-how aus der Elektronik, etwa im Bereich Automatisierung, bei GRASS einbringen. Diese Kombination aus Lernen und Mitgestalten macht die Aufgabe für mich besonders reizvoll.
Und was bewegt Sie privat?
Werner Elender: Menschen. Ich arbeite gern mit Menschen – im Beruf und im Musikverein. Ich bewege mich auch gern in der Natur, am liebsten in den Bergen. Beruflich wie privat zählt für mich: gemeinsam etwas gestalten. Und weil ich schon tagsüber viel mit Bewegungs-Systemen zu tun habe, mache ich natürlich auch privat viel Sport.
Herr Bal, wie sieht das bei Ihnen aus?
Ercan Bal: Auch bei mir sind es die Menschen. Die Menschen, die Region, unser Team. Ich will mithelfen, dass GRASS stark bleibt – wirtschaftlich und als Arbeitgeber. Wenn ich damit etwas Gutes für die Region und die Menschen tun kann, motiviert mich das sehr.
Interview Stefan Ambrozus
„Die Entdeckung der Langsamkeit“.
Auf der Autobahn, zwischen Messehektik und Erholung im Berliner Umland, haben wir den Designer Stefan Ambrozus ans Mobiltelefon bekommen. In seinem Studio Ambrozus sind schon einige Klassiker der GRASS Geschichte entstanden. Ein Gespräch über die Faszination des technischen Designs, die Produktionszyklen in der Beschlagbranche und die Entdeckung der Langsamkeit.

Herr Ambrozus, Sie kommen gerade von der interzum. War es spannend in Köln?
Ja, ich hatte dort zweieinhalb intensive Tage. Für uns ist das ein schönes Heimspiel, weil unser Büro in Köln ist. Die Messe ist mit all den technischen Details und Innovationen keine Veranstaltung, über die man mal eben drüberschlendern kann. Man muss sehr konzentriert sein, im Zweifelsfall auch eine Führung machen, um die kleinen, versteckten Dinge wahrzunehmen.
Gab es denn etwas, das Sie besonders spannend oder neu fanden?
Naja, auf der interzum sieht man meist nicht die großen Sensationen mit Strahlkraft, sondern kleine, innovative Schritte. In der Beschlagindustrie fällt auf, dass aktuell sichtbare Blechverarbeitung in Form von sehr einfachen Geometrien das Thema ist, ein „Simple Box Design“. Ein Schubkasten ist wieder ein ganz einfacher Kasten. Diese reduzierte Formensprache setzt sich auch bei Eckbeschlägen und Organisationselementen wie Apothekerschränken fort. Farblich dominieren weiterhin gedeckte Töne, von Anthrazit bis Schwarz.
Es geht also bei den Bewegungs-Systemen, anders als bei Möbeln, nicht in Richtung organischer, natürlicher Formen?
Organische Formen, wie man sie auf der EuroCucina zeitweise gesehen hat, bilden sich in der Beschlagindustrie nicht stark ab – dafür ist man hier zu sehr Gefangener der Fertigungsprozesse. Beschläge sind designtechnische Produkte, und hier liegt eben auch ein Schwerpunkt auf Technik. Sobald man in Richtung Wohn- oder Küchenmöbel schaut, sieht das etwas anders aus. Dort gibt es eine Gegenbewegung zum langsam ermüdenden Kubismus und der ewigen Geradlinigkeit. Aber man muss auch sehen: Solche Formen sind in der Produktion meist teurer und setzen sich daher nur schwer im Massenmarkt durch.
Es gibt also einen gestalterischen Unterschied zwischen dem, was sichtbar ist, und den rein funktionalen Teilen?
Ja, man könnte sagen, bei der Arbeit an der „Karosserie“ haben Designer einen höheren Freiheitsgrad, weil sie nicht so funktionsgetrieben sein müssen. Wenn wir beispielsweise für GRASS oder unsere Maschinenbauprojekte arbeiten, ist das eher eine „Gestaltung im Verborgenen“. Man sieht unsere Arbeit oft nicht direkt, aber sie beeinflusst die Haptik und das Benutzererlebnis stark. Wir unterscheiden die beiden Segmente begrifflich als „Design from inside out“ oder „Design from outside in“.
GRASS wäre dann „Design from inside out“?
Genau.
Was reizt Sie denn als Designer an dieser „Gestaltung im Verborgenen“?
Im Studio Ambrozus teilt sich die Arbeit etwa im Verhältnis 50:50 zwischen „inside out“ und „outside in“. Technische Projekte können und machen wir sehr gerne. Wir können uns da sehr gut reindenken, weil wir viel Know-how in Fertigungstechnik mitbringen – und die engen Leitplanken, die notwendigerweise entstehen, uns – im Gegensatz zu anderen Designern – nicht frustrieren. Wir mögen gerade das Spannungsfeld und die Herausforderungen, die sich aus den Komponenten Technik und Gestaltung ergeben.
Worauf ist dabei besonders zu achten?
Wir gestalten zurückhaltend und versuchen, die Komponenten so schlicht und integrativ wie möglich ins Möbel zu bringen. Wenn Technik sichtbar wird – etwa bei einer Zarge – geben wir punktuell gestalterische Akzente. Sonst geht es darum, möglichst viel Wirkung mit möglichst wenig formaler Präsenz zu erzeugen. Es ist ja so, dass man mit guten Beschlägen kaum, mit schlechten aber sehr wohl unangenehm auffallen kann. Auch die Endkunden wissen es zu schätzen, wenn eine Schublade sanft öffnet und schließt. Die Bewegung ist tatsächlich wahnsinnig sexy!
Unsere Aufgabe ist es, Produkte zu entwickeln, die sich möglichst integrativ im Möbel verorten. Schlichten ist vielleicht der richtige Begriff dafür. Diese Aufgabe ist immer sehr eng verbunden mit den Technikern. Zum Beispiel bei Vionaro V8 von GRASS – da war es erstaunlich, was entstehen kann, wenn man mit den Technikern mit ganz offenem Visier zusammenarbeitet. Und natürlich versuchen wir über die Funktion hinaus den Produkten ein Designfeature mitzugeben. Da hat man bei einer sichtbaren Schubkastenzarge natürlich mehr Einfluss als zum Beispiel bei einer Unterflur-Führung.
Designfeature im Sinne von Ästhetik?
Genau. Manchmal geht es darum, gewisse Attribute zu verstärken. Die Robustheit eines Türscharniers zum Beispiel. Klar: Dass das Scharnier robust ist, ist eine technische Frage. In den Produktbeschreibungen steht dann, wie hoch die Traglast ist, aber sehen tut man es nicht. Gerade für die Endkunden sollte ein Scharnier diese Eigenschaft aber auch über seine Form ausdrücken. Das ist dann unsere Aufgabe.
Sie haben vorhin Vionaro V8 erwähnt. Wie funktioniert eigentlich die Zusammenarbeit mit einem Kunden wie GRASS?
Wir arbeiten jetzt schon lange mit GRASS zusammen, seit 15 Jahren etwa. Dementsprechend gut kennen wir uns. Wenn GRASS ein neues Produkt braucht, kommt man mit Aufgabenstellungen auf uns zu, oft zu einem sehr frühen Zeitpunkt. Das ist wichtig, denn je früher wir einbezogen werden, desto mehr lässt sich gemeinsam erreichen. Es ist ein iterativer Prozess: Wir bringen Designvorschläge, die Technik bewertet sie – und so entsteht Stück für Stück das Produkt, zum Beispiel Nova Pro Scala, Vionaro V8 oder Tiomos. Wir haben auch bestehende Produkte überarbeitet, zum Beispiel eine Unterflurführung. Da ging es darum, das Befestigungssystem nutzerfreundlicher zu gestalten. Es ging um das Look and Feel, wenn ich unter meinen Küchenschubkasten greife, weil ich Reis verschüttet habe und ihn deswegen herausnehmen möchte. Dafür haben wir die Griffkonturen haptisch optimiert, so dass der Kunde unter seinen Schubkasten greift und gleich weiß: Aha, hier muss ich ziehen, dann passiert etwas.
Die Zulieferindustrie tickt anders als Möbelhersteller. Wo sehen Sie derzeit die Innovationspotenziale?
In den letzten Jahren war es bei Zargen ein Wettrüsten, wer die dünnste Bauweise schafft – GRASS hat mit den 8 mm von Vionaro V8 das Rennen gemacht. Das war eine große Leistung. Was man als Laie ja nicht begreift: In dem Beschlag steckt hochpräzise Feinmechanik. Da ist es schon eine große Kunst, so klein zu werden – und vielleicht ist hier auch langsam das Ende erreicht. Aber ich finde es spannend, wenn ich das mit der Leuchtenindustrie vergleiche. Dort gab es vor ein paar Jahren eine ähnliche Entwicklung. Als LED aufkam, war für eine Weile die Frage, die alle angetrieben hat: Wer hat die dünnste Leuchte? Irgendwann war aber ein Punkt erreicht, wo man gemerkt hat: Da ist ja gar kein Produkt mehr. Und die Unternehmen haben gemerkt: Ich kann nichts gestalten, ich habe keine Differenzierung mehr. Beim Beschlag ist das vielleicht ähnlich. Jetzt haben wir die dünnste Zarge, sie ist super ästhetisch und sie wird lange tragen – aber vielleicht geht es nicht in diese Richtung weiter.
In welche geht es denn weiter? Oder auch: Wie entstehen denn Innovationen in diesem Bereich?
Die ergeben sich immer aus den Umständen. Wir als Designer und auch die Produktentwickler müssen den Kontext verstehen: Wie verändert sich gerade Küche? Wie verändert sich der Mensch, wie seine Verhaltensweisen in der Küche? Können wir daraus Impulse ziehen und mit Produkten darauf reagieren? Man muss immer wach bleiben. Das Schöne ist ja, und das gilt nicht nur für das Design, dass man immer mal wieder denkt, jetzt ist das Ende erreicht, wie soll es jetzt noch weitergehen. Und dann kommt doch wieder irgendeine Überraschung um die Ecke und man sagt: Ja klar, das ist plausibel. Es gilt also zu schauen, welche Veränderungen sich im Küchenalltag, im Nutzerverhalten abzeichnen – und darauf gestalterisch zu reagieren.
Wenn man sich die Mode- oder andere Consumer-Branchen anschaut, sind die Entwicklungszyklen in der Beschlagindustrie enorm langwierig.
Das stimmt! Vionaro V8 ist ein „taufrisches“ Produkt, obwohl es auch schon einige Jahre auf dem Markt ist. Mir persönlich liegt dieses Tempo. Der schnelllebige Konsumgüterbereich ist mir zu hektisch. Als Mensch mit ausgeprägter Technikaffinität ist er mir vielleicht auch zu oberflächlich. Die Beschlag- und Zulieferindustrie ist dagegen ja quasi die Entdeckung der Langsamkeit. Die ist allerdings auch notwendig. Anders als bei einem neuen T-Shirt sind die Investitionen hoch, nicht nur für den Hersteller, sondern auch für die Möbelindustrie. Es braucht langen Atem, bis sich das amortisiert. Das macht die Branche stabil. Und Nachhaltigkeit ist sozusagen ein Nebenprodukt: Wenn ein Beschlag 20 Jahre hält, wird er in der Regel eine gute Ökobilanz haben.
Eine Frage noch zu GRASS: Gibt es so etwas wie eine gestalterische Handschrift bei dem Unternehmen?
Ja, die gibt es. Sie ist vielleicht nicht so festgeschrieben, wie man es aus dem grafischen Bereich kennt, wo im Corporate Design Manual festgelegt wird, wo und wie welches Logo zu stehen hat. Aber es gibt eine etablierte Formensprache: eine zeitgenössische Modernität, zurückhaltend, nicht aufdringlich. Die Produkte sollen sich nicht in den Vordergrund spielen. Sichtbare Elemente wie Zargen sind zeitgenössisch gestaltet – kein Retro-Look, sondern möglichst universell einsetzbar. Und es gibt noch einen Aspekt, der wichtig ist: Wir versuchen, demokratisches Design zu schaffen. Was GRASS herstellt, muss sehr viele Kunden glücklich machen und in die unterschiedlichsten Möbel passen. Wir entwickeln also Produkte, die sich gut einfügen können. Was von GRASS kommt, soll Everybody’s Darling sein.
Das ist ein schönes Schlusswort. Herr Ambrozus, wir danken für das Gespräch.
Unsere Partner im Spotlight
Miralis begeistert mit Vionaro V8.
Der kanadische Küchenhersteller Miralis passt hervorragend zu GRASS. Seine Küchen sind formal klar, funktional durchdacht und mit Liebe zum Detail gefertigt – Details wie das ausgefeilte Lichtkonzept „Luminescence“ oder ein Innenleben, das seit 2023 mit der schmalsten Stahlzarge der Welt, Vionaro V8 von GRASS, ausgestattet ist.

Im kanadischen und im nordamerikanischen Markt eilt Miralis ein exzellenter Ruf voraus: Der Küchenhersteller aus Québec verwendet ausschließlich hochwertige Materialien und produziert seine maßgefertigten Küchen in der Region. Neben der großen Auswahl an zeitgemäßen Küchenstilen überrascht das Möbeldesign der Kanadier mit durchdachten Details: Das Lichtkonzept „Luminescence“ etwa vereint reduzierte Gestaltung mit einer nahtlos integrierten Beleuchtung – und ist damit ein gestalterisches Highlight des kanadischen Herstellers.
Der ganzheitliche Qualitätsansatz von Miralis spiegelt sich auch im Innenleben wider: Dort kommen hochwertige Komponenten wie das Schubkastensystem Vionaro V8 von GRASS zum Einsatz. Die filigrane Stahlzarge mit nur 8 Millimetern Wandstärke und matter Oberfläche in Zircon fügt sich unauffällig in das Möbelbild ein – funktional, langlebig, auf das Wesentliche reduziert. Vionaro V8 ist dabei nicht das einzige Bewegungs-System, das die Produktentwickler von Miralis überzeugt: Auch Dynapro und Tavinea werden in den Küchen verwendet.
Dass die beiden Unternehmen zusammenkamen, ist kein Zufall: Sowohl GRASS als auch Miralis teilen ein gemeinsames Verständnis für Design, Qualität und technische Konsistenz. Die Zusammenarbeit zeigt, wie sich bewährte Systeme flexibel in individuelle Möbelprogramme integrieren lassen – angepasst an unterschiedliche Märkte, Bedürfnisse und Stilrichtungen. So entstehen Küchenmöbel, die nicht nur gestalterisch, sondern auch in der Funktion überzeugen.
